26. Januar 2013

#MMC13 - Findet dieser MOOC zu sehr auf Twitter statt?

Unten seht Ihr die Dokumentation meines gestrigen kurzen Austauschs auf Twitter mit ein paar MOOC-Teilnehmern/innen zur Frage, ob das intensive Twittern einiger weniger auf all jene MOOC-Teilnehmer/innen, die nicht (gern) twittern (aber dennoch scheinbar davon mitbekommen), ausschließend wirkt.

Ich selbst habe den Eindruck, dass wir GastgeberInnen vielleicht - im Verhältnis zu anderen Kursanälen - zu sehr präsent sind auf Twitter und dadurch den Eindruck erwecken, dort würde "die Musik spielen".

Auf der anderen Seite scheint Twitter tatsächlich das "heimliche" führende Kursmedium zu sein, wenn man bedenkt, dass wir vorrangig über Twitter auf den MOOC-Maker Course aufmerksam gemacht haben und 41 % der Teilnehmer/innen auf dem Kanal auf den #MMC13 aufmerksam wirden - laut unserer Teilnehmerumfrage in der ersten Woche die wichtigste Informationsquelle:


Dementsprechend gaben in unserer Teilnehmerumfrage in der ersten Woche eben auch 72% an, sich via Twitter am MOOC beteiligen zu wollen:


Gleichzeitig ist mir auch völlig bewusst, dass wir nirgends gesagt haben, dass Twitter irgendwie eine Art verbindliches Medium für den MOOC-internen Austausch sei. Also sehe ich es schon als unsere Aufgabe als GastgeberInnen, hier weiterhin Medienoffenheit walten zu lassen und den TeilnehmerInnen, die nicht twittern (wollen), immer mal wieder die anderen Anschlussmöglichkeiten aufzuzeigen.

Andererseits ist Twitter einfach bestechend "Echtzeit" und damit gefühlt live und sehr verbindend. Wenn ich aktuell - am Ende des 11. Tages des #MMC13 - eine Empfehlung an (noch) nicht aktive, aber zur Aktivität motivierte teilnehmerInnen aussprechen sollte, wäre es wohl diese: Twittert! :-)

Hier nun die gestrige Diskussion (leider "nur" als Fotobeleg, weil die Embedd-Funktion irgendwie nicht zu aktivieren war...):

Quelle: https://twitter.com/dieGoerelebt/status/294767203507662850




[Übersetzung] Stephen Downes: Über MOOCs und das Aushandeln

 Ich bringe diesen Text von Stephen Downes im Rahmen des laufenden MOOC-Maker Course 2013 in die Diskussionen um eine MOOC-Didaktik ein, weil ich hier sehr schön das grundlegende Verständnis einer "Nicht-Didaktik" im konnektivistischen Sinne beschrieben sehe: Es geht in einem (c)MOOC eben nicht um Wissensvermittlung von den Lehrenden aus (z.B. den GastgeberInnen) zu den Lernenden hin - in dem Sinne geht es also auch nicht darum, dass sich die Lehrenden gedanken darüber machen, WIE sie dieses Wissen in die Köpfe der Lernenden hineinbekommen...

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Dies ist eine Crowdsourcing-Übersetzung (mit Unterstützung von Ingeborg Findert, Dörte, Martin Lindner und Anonymous) des Google+ Posts "MOOC and Negotiation" von Stephen Downes vom 29.12.2012.  Die Hervorhebungen stammen von mir.

Creative Commons Lizenzvertrag
Dieser Text steht - wie alle Werke von Stephen Downes - unter einer Creative Commons Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Unported Lizenz.


Über MOOCs und das Aushandeln

von Stephen Downes (Original)


Als Reaktion auf eine Anfrage ...

Nur ein Kommentar. Du schreibst, "das Curriculum wird im sozialen Umfeld zwischen Studierenden und Lehrenden nicht wirklich 'ausgehandelt’..."

Ich war noch nie ein Fan von einer Sprache, die den Prozess als "Aushandeln" beschreibt. Meinem Verständnis nach kann es kein echtes Aushandeln zwischen Studierenden und Lehrenden geben, denn in den meisten Bildungssituationen besteht ein zu großes Machtgefälle. Man muss nur bedenken, wie Meinungsverschiedenheiten zwischen Lehrenden und Studierenden gelöst werden - der Lehrende trifft eine Entscheidung, und das ist es dann. Das ist kein gleichberechtigtes “Aushandeln”.

Nach meinem Verständnis von Konnektivismus erfolgt kein Aushandeln. Die Lernenden wählen das Material aus, das sie für nützlich halten (wenn überhaupt). Dies liegt daran, dass es nicht etwa Ziel des Kurses ist, ein Fachgebiet zu beherrschen - tatsächlich gibt es gar kein bestimmtes Ziel des Kurses. Jede/r Lernende bringt eigene, persönliche Ziele mit, und daraus ergibt sich die jeweils individuelle Auswahl eines Lerninhalts.

Ein "Kurs" im konnektivistischen Sinne ist nicht definiert durch die Beziehung zwischen "Lehrenden" und "Lernenden". Vielmehr definieren zwei Faktoren einen Kurs: Dauer und Nähe.

Was die Dauer anbelangt, so präsentiert eine Person (die normalerweise als Lehrende/r bezeichnet wird, wobei dieser Begriff irreführend ist) eine Zusammenstellung von Materialien, typischerweise Vorträge, aber auch so gut wie alles andere Material. Diese Zusammenstellung, die als “Lehrgang” bezeichnet wird, bildet den "Inhalt" des Kurses, der von den Teilnehmenden nach eigenem Ermessen besucht oder auch nicht besucht werden kann.

Was die Nähe anbelangt, so macht die wie auch immer geartete Berührung mit dem Kursnetzwerk eine Person zu einem “Teilnehmenden”. Der übliche Weg, mit einem Kursnetzwerk in Berührung zu kommen, sind Registrierung bzw. Kursanmeldung (und aus dieser Quelle werden dann auch die meisten Teilnehmendenzahlen ermittelt). Aber man kann auch ohne Registrierung an einem Kurs teilnehmen, indem man mit anderen Teilnehmenden interagiert, zum Beispiel durch Folgen und/oder durch die Verwendung eines Kurs-Hashtags.

Ein konnektivistischer Kurs besteht daher in eine Reihe von Ereignissen, typischerweise mit einem Start-und Enddatum, um den herum sich ein Netzwerk von Teilnehmern bildet. Was in diesem Sinne einen Kurs zum “Kurs” macht, ist ein Mittelpunkt, um den herum die Teilnehmer interagieren.

Der Grund für diese Betrachtungsweise eines Kurses ist mein Interesse an dem Wissen, das durch ein solches Netzwerk entsteht. Jeder Kursteilnehmer hat eine andere Sichtweise, und das Zusammenspiel der verschiedenen Perspektiven generiert neues Wissen. Der Versuch, diese Perspektiven zu steuern - um sie in irgendeiner Weise “auf Linie zu bringen” - behindert in Wahrheit den Prozess der Wissensbildung.

Mit der Auswahl der Materialien soll keine Steuerung bewirkt werden. So ist jeder Teilnehmer ein einzigartiger und gleichermaßen bedeutsamer Beitragender für den Kurs, indem er kommuniziert und Wissen teilt, aber nichts aushandelt, als ob ein gemeinsames Ziel zu suchen wäre.

Natürlich ist dies, denke ich, eine Methode, die tatsächlich besser in den Geisteswissenschaften als in den Naturwissenschaften funktioniert. Allerdings wird sie nicht im großen Stil angewandt (wahrscheinlich, weil niemand die Geisteswissenschaften fördert, so dass keine nennenswerten Gelder für Experimente zur Verfügung stehen).

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Ich würde diese Gedanken gern am Beispiel des #MMC13 durchdeklinieren...

22. Januar 2013

Was macht der MOOC mit Dir? oder: Überforderung als wichtige Phase im Lernprozess im cMOOC?

These: Die Erfahrung, sich in den vielen dezentral produzierten Inhalten der MOOC-Teilnehmenden zu verlieren, ist wertvoll für den eigenen Lernprozess auf dem Weg, einen eigenen MOOC zu entwickeln. Wer einmal diese Überforderung selbst erlebt hat, wird um so bewusster an die Planung eines eigenen MOOC herangehen.

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Im Lerntagebuch von Markus Jung habe ich vorhin einen langen Kommetar zu seinem heutigen Beitrag zum MOOC-Maker Course #MMC13 geschrieben, den ich hier noch einmal in leicht überarbeiteter Fassung blogge:

Markus stellte die ketzerische Frage: "Kommt die Benutzersicht zu kurz?" Und dahinter steht natürlich eine wichtige Frage, die sich Trainerinnen, Lehrer, Dozentinnen (und wie wir uns auch immer alle schimpfen) immer stellen sollten: Verlieren wir die Lernenden aus dem Blick?

Jetzt könnte die pfiffige Leserin natürlich einwenden: Die Antwort darauf können nur unsere MOOC-TeilnehmerInnen geben, nicht die GastgeberInnen. :-) Trotzdem möchte ich kurz beschreiben, warum ich die leichte Überforderung, die mancherorts in diesen Tagen beschrieben wird, für unvermeidbar und mehr noch: wertvoll für den hier im #MMC13 angeregten Lernprozess halte:

Wir haben uns sehr bewusst dafür entschieden, einen cMOOC mit all seiner Dezentralität der Teilnehmerdiskussionen und all seinem Information Overload zu inszenieren - und ich freue mich riesig, dass uns dies gelungen zu sein scheint. Ganz ehrlich: Ich möchte es sogar, dass die #MMC13-Teilnehmenden ein Stück weit diese Überforderung erleben - die nur dann eine Überforderung ist, wenn man die klassischen Maßstäbe anlegt und die klassischen Erwartungen hat wie "Sag mir, was ich lesen, was ich lernen soll, was ich wo tun soll!" oder "Sag mir genau, wie das geht, wie ich dieses oder jenes Tool jetzt zu benutzen habe!" An diese Grenze wollten wir die TeilnehmerInnen führen, denn erst dann entfaltet die kommende Didaktik-Woche ihre volle Wirkung.

Im Prinzip ist diese erste Woche also eine Art Vorbereitung auf die Woche 2 "Didaktik" (ohne dass die Teilnahme an Woche 1 eine Bedingung zur "erfolgreichen" aktiven Teilnahme an Woche 2 ist!): Wir könnten gemeinsam viel von dem reflektieren, was wir in der ersten Woche erlebt haben. Wir GastgeberInnen werden uns sowieso im Laufe des #MMC13 bemühen, noch vieles viel genauer zu begründen, warum wir was getan oder auch gelassen haben - und wir bereiten auch wieder zwei kollaborative Aufgaben vor, die

Dem einen oder der anderen ist es sicherlich schon aufgefallen (das steht so ja auch auf http://howtomooc.org/uber-mmc13/), dass der MOOC-Maker Course in erster Linie Menschen adressiert, die schon einiges mitbringen (ohne dies als Ausschlusskriterium zu formulieren!), und zwar
  • entweder Erfahrungen mit MOOCs (als Teilnehmer/in oder "mehr")
  • oder aber Know-how als Weiterbildnerin oder Lehrende (in welcher konkreten Funktion und in welcher Institution auch immer - denn wie sonst kommt man in den Genuss, selbst einen Open Course entwickeln zu wollen/dürfen)
  • oder eben wenigstens großes Interesse. 
Wer noch nie einen MOOC mitgemacht und/oder wer bisher wenig Erfahrung in der aktiven Nutzung von Social Media hat, hat es womöglich zu Beginn ein bisschen schwerer reinzukommen. Gleichzeitig widerstrebt es mir, hieraus irgend etwas als Teilnahmevoraussetzng zu formulieren, denn es ist das Prinzip bei allen MOOCs, dass sich grundsätzlich jede/r anmelden kann, der/die sich das Kursthema "zutraut".

Ich bin übrigens sehr begeistert und beeindruckt von den vielen Lerntagebüchern, die in der ersten Woche bereits entstanden sind! Und "eigentlich" ist unser MOOC recht überschaubar :-) : Der Blog-Aggregator, der Twitter-Hashtag #MMC13 und die Google+ Community - damit hat man die drei wichtigsten Fundgruben für die Teilnehmerbeiträge und -diskussionen.

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PS: Die Hall of Fame war übrigens eine spontane Idee, die wir auf unserem Vorbereitungswochenende geboren haben. Ich habe so etwas in einem Standford-MOOC kennen gelernt, den ich Ende letzten Jahres kennen gelernt hatte, und dort wurde das sehr herzlich und freundlich genutzt, um untereinander DANKE zu sagen für die Unterstützung und Hilfestellung füreinander. Eine "Leistungsschau"soll die Hall of Fame auf keinen Fall sein. Auch dieses Element des #MMC13 ist ein Experiment - wie alles, was wir hier tun, insofern sind alle Reflektionen und Feedbacks dazu willkommen. Am Ende freue ich mich, wenn möglichst viele Kursteilnehmer/innen sich viele Impulse fürs eigene MOOC-Making mitnehmen!